Digitalisierung der volkskundlichen Landesaufnahme des NS-Lehrerbundes
Eine Umfrage zu Bräuchen im Jahres- und Lebenslauf in Dörfern und Städten Sachsens zwischen 1934 und 1937
Projektbearbeitung: Antje Reppe, Nadine Kulbe
Laufzeit: 2021
Erschließung: Findbuch bei Kalliope
Digitalisate: Deutsche Digitale Bibliothek
Befragungen gehören zu den Standardmethoden der Volkskunde/Kulturanthropologie. Die Entwicklung des Fachs seit Ende des 19. Jahrhunderts ist eng mit der Ausbildung dieses empirischen Instruments verbunden: Sogenannte Gewährspersonen lieferten der Wissenschaft Auskünfte über die Alltags- und Lebenswelten der breiten Bevölkerung.
Zwischen 1934 und 1937 führte auch die Landesstelle für Volksforschung und Volkstumspflege des Gaues Sachsen im NS-Lehrerbund eine großangelegte Umfrageaktion durch, um alltagskulturelle Phänomene zu ermitteln. Über ein Netzwerk von ca. 2.500 ehrenamtlichen Personen – vor allem Lehrkräfte – wurden Brauchhandlungen im Lebens- und Jahreszyklus in hunderten Orten Sachsens erfasst, regional strukturiert und thematisch untergliedert (z.B. Geburt und Taufe, Hochzeit, Ernte, Weihnachten). Ziel der Unternehmung waren Sammlung und Dokumentation von Kulturdaten sowie – ganz im zeitgenössischen Duktus der NS-Ideologie – die Sensibilisierung für regionale Identität, Zugehörigkeit und „Tradition“. So bietet das Material neben seiner wissenschaftsgeschichtlichen Relevanz die Möglichkeit, ideologisch motivierte Vorannahmen transparent zu machen sowie die Mechanismen der NS-„Volkstumsideologie“ und ihren Transfer in gesellschaftliche Diskurse zu analysieren.
Das ISGV verwahrt die Umfragen (Fragebögen und Antwortschreiben), diverse Arbeitsmaterialien wie Karten und statistische Auswertungen und die in gedruckten Broschüren vorliegenden, narrativ verfassten Zusammenfassungen der Umfrageergebnisse.
Im Rahmen des Projektes werden die Materialien digitalisiert und anschließend durch die Deutsche Digitale Bibliothek zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Im Kalliope-Verbundkatalog der Staatsbibliothek Berlin – Preußischer Kulturbesitz wird der Bestand erschlossen und mit normierten Orts- und Personendaten versehen. Der dabei entstehende Index verzeichnet nach und nach die in die Umfrage eingeschlossenen Kreise und Orte in Sachsen sowie die beteiligten Personen.
Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Digitale Bibliothek im Rahmen des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Programms "Neustart Kultur" ermöglicht.