Recherchen zur Geschichte des Festspielhauses Hellerau und des umgebenden Areals in der Zeit des Nationalsozialismus und während der Nutzung durch die Streitkräfte der Sowjetunion (1933-1993)
Projektleitung: Andreas Rutz
Projektbearbeitung: Robert Badura
Im Zentrum der Untersuchungen soll die Nutzungsgeschichte des Hellerauer Festspielhauskomplexes stehen, insbesondere während des Nationalsozialismus und in der DDR. Die Gartenstadt und das Festspielhaus entwickelten sich in kurzer Zeit zu Keimzellen der Lebensreform in Dresden. Der Erste Weltkrieg setzt dieser Entwicklung jedoch ein jähes Ende. Gleichzeitig begann die Mythisierung des Ortes, die bis heute anhält. Nach dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte wird das Festspielhaus umfangreich saniert und Stück für Stück bis heute einer – im ursprünglichen Sinne – kulturellen Nutzung wieder zugeführt.
Während die zwei Dekaden seit der Gründung der Gartenstadt 1909 sowie der Bildungsanstalt durch Émile Jaques-Dalcroze 1911 bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 relativ gründlich erforscht sind, gibt es bisher nur wenige Forschungen für den Zeitraum zwischen 1933 und 1994. Das betrifft insbesondere die Nutzungsdauer und Nutzungsart des Festspielhausgeländes während der Stationierung des Polizei-Ausbildungsbataillons Dresden-Hellerau ab 1938 sowie die Stationierung sowjetischer Streitkräfte nach 1945 bis 1993. So wurden in diesem Zeitraum zahlreiche Um- und Ausbaumaßnahmen durchgeführt, wie die Errichtung zweier Kasernenflügel im Osten und Westen; gleichzeitig entstanden Fremdkörper im gesellschaftlichen Gefüge des Ortes und die Art und Weise ihrer Integration ist bislang fraglich geblieben. Im Mittelpunkt der Untersuchung soll die Frage stehen, ob und inwiefern die im NS stationierten Polizeieinheiten an Kriegshandlungen und Verbrechen während der nationalsozialistischen Eroberungskriege im Osten Europas beteiligt waren und welchen Standpunkt die Polizeischule – nicht nur räumlich – in jenem militärischen Komplex im Norden Dresdens einnahm. Weitere Fragen betreffen auch die Akzeptanz militärischer Präsenz in der Bevölkerung sowie deren Kontakte mit den Polizei- und Militärangehörigen, insbesondere den sowjetischen Streitkräften vor Ort.
Neben der Sichtung und Nutzung von Archivmaterial besteht darüber hinaus die Möglichkeit, Potentiale für Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen auszuloten, um in Zukunft Anknüpfungspunkte auch für alltagsgeschichtliche Forschungen zu ermöglichen.
Das Projekt wird durch das Amt für Kultur und Denkmalschutz der Stadt Dresden finanziert.