Ländlicher Alltag auf dem Weg in die Moderne. Sächsische und oberlausitzische Agrargesellschaften zwischen Rétablissement und Erstem Weltkrieg (1763-1914)
Sachsen wird in der historisch-kulturanthropologischen Forschung in erster Linie als Industrieland wahrgenommen. Insbesondere die Sozialgeschichte des ländlichen Alltags geriet dabei weitgehend aus dem Blick. Das Forschungsprojekt „Ländlicher Alltag in der Moderne“ setzt hier an und untersucht den historischen Wandel von der herrschaftlich geprägten ländlichen Arbeits- und Lebenswelt gegen Ende des 18. Jahrhunderts hin zu einer ländlichen Gesellschaft, die Agrarunternehmertum und Lohnarbeit verpflichtet war, neue Horizonte eröffnete und deutliche Tendenzen einer „Verbürgerlichung“ zeigte.
Im Mittelpunkt des Projekts stehen ländliche Alltagspraktiken, ihre soziale Zuordnung und kulturelle Entschlüsselung. Anhand von verschiedenen Aktionsfeldern wird untersucht, wie sich soziales Handeln in Agrargesellschaften des 18. und 19. Jahrhunderts vollzog. Dazu zählen die Bereiche lokale Herrschaftspraxis und ihre Wahrnehmung sowie ländliche Konfliktkultur. Weiterhin werden die Problemfelder familiale Strategien und soziale Reproduktion sowie soziale und kulturelle Aspekte ländlicher Ökonomien in Blick genommen.
Das Projekt trägt der inneren Strukturiertheit der sächsischen Agrarverhältnisse Rechnung und ist regional vergleichend angelegt: Grundherrschaften in den sächsischen Erblanden werden mit Gutsherrschaften in der sächsischen Oberlausitz kontrastiert.