Dicke Luft und Schaumkronen auf der Saale: Umweltschutz in Jena

Jena breitet sich, von Bergen aus Muschelkalk umgeben, in einem Talkessel aus. Diese geschützte Lage sorgt für ein angenehm mildes Klima. Allerdings ergibt sich dadurch ein gravierender Nachteil: Die Luft staut sich. Auch die Bebauung der Hänge mit Wochenendhäusern und Gartenlauben in größerem Umfang - durchaus außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen – trägt dazu bei: Kaltluftströmungen werden behindert – von anderen Nachteilen einmal ganz abgesehen. Bei sogenannter Inversionswetterlage hängt die Luft dann wie eine Glocke über der Stadt. Darunter leiden vor allem Menschen mit Atemwegsbeschwerden und Allergien.

Abgase, Staub und Schwefeldioxid: keine Luft zum Atmen

Zu DDR-Zeiten war das Problem – wortwörtlich – noch drückender: Insbesondere im Winter gab es starke Luftverschmutzungen durch das Heizen mit Braunkohle. Durch entsprechende Vorkommen im Raum Leipzig und in der Lausitz sowie eine entsprechende Energiepolitik der DDR wurde in Privathaushalten über weite Zeitspannen überwiegend mit diesem Brennstoff geheizt. Der typische Geruch, der in den Straßen hing, war untrennbar mit der kalten Jahreszeit verbunden. Mit der Verbrennung von Braunkohle geht ein höherer Asche- bzw. Schwefelgehalt einher als bei Steinkohle; somit entwickelt sich auch mehr Staub und Schwefeldioxid.

„Im Stadtkreis Jena verschärfen außerdem noch etwa 14 000 Schornsteine der Wohngebäude, weitere nicht erfaßte Abgaseinrichtungen der Industrie und der motorisierte Straßenverkehr die lufthygienische Situation.“ (Görner/Fröhlich 1968, S. 20)

Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Umweltschäden waren die Folge. Dieser Wintersmog führte bei Kindern oftmals zu Pseudokrupp mit Symptomen wie Husten, Heiserkeit und Atemnot. Ein Nebeneffekt der Ofenheizung war, dass die Entsorgung von heißer Asche oftmals die Müllcontainer in Brand setzte; der schwelende Müll verpestete die Luft mit beißendem Gestank.

In Jena und Umgebung gab es aber auch (industrielle) Betriebe, die kräftig zur Luftverschmutzung beitrugen: In der Stadt waren es der Volkseigene Betrieb (VEB) Schott u. Gen., der VEB Carl Zeiss, das Volksbad, die Universitätskliniken sowie das Reichsbahnausbesserungwerk, die für einen immensen Ausstoß von Verbrennungsgasen und Flugasche verantwortlich waren. Im Umland kamen drei weitere „bedeutsame Großluftverschmutzer“ hinzu: Der VEB Vereinigte Phosphatdüngerwerke Bad Köstritz und der VEB Thüringer Zement-, Kalk- und Gipswerk Göschwitz stießen bedeutende Staubmengen in die Luft, der VEB Vereinigte Porzellanwerke Kahla-Könitz belastete mit Verbrennungsgasen (Görner/Fröhlich 1968, S. 17/20).

Die größte Schwierigkeit, die wir hatten, war das Zementwerk in Göschwitz, gegen das wir am meisten vorgehen mussten, denn die Luftverschmutzung dort war so schlimm, dass es bei den Anwohnern einen Witz gab: Wenn man hier in den Gärten Obst aß, brauchte man keinen Zahnarzt mehr, weil so viel Zementstaub auf dem Obst lag, dass man damit die Löcher hätte selber füllen können. Dieser sarkastische Spruch war damals gängiger Sprachgebrauch. (Gespräch mit Martin Görner)

Das Zementwerk stellte 1968 seine Produktion um. Eine der Forderungen der Naturschutzbeauftragten, um die Luftbelastung zu verringern, war der Bau hoher Schornsteine:

Einer ist 180 Meter hoch. Für uns war damals wichtig, welchen Einfluss solche Emittenten haben. Also was sie eigentlich bewirken, wo die ganze Luftströmung herkommt, wie welche Verwirbelung stattfindet usw. Ich war damals sehr eng mit den Meteorologen an der Uni verbunden, weil wir derartige Fragen klären mussten. Der Schornstein war also 180 Meter geplant, wir wollten aber eine Höhe von 230 Metern haben. Die Argumente sind akzeptiert worden, aber aus baulichen Gründen war das nicht ohne weiteres möglich. Wir mussten uns mit Sachen auseinandersetzen, die weit über den naturwissenschaftlichen Raum hinausgingen. (Interview mit Martin Görner)

Die Argumentation der Kreisnaturschutzbeauftragten folgte – neben den Verweisen auf die nachteiligen Folgen offenkundiger Missstände – auch strategischen Erwägungen: Dann wurde der Erholungswert der Landschaft für die arbeitende Bevölkerung angeführt sowie andere ökonomische Faktoren wie beispielsweise die Gefährdung von industrieller Produktion: „Im Interesse des wissenschaftlichen Gerätebaues des VEB Carl Zeiss muß die lufthygienische Situation in Jena entscheidend verbessert werden. Hohe Meßgenauigkeiten erfordern eine optimale Staubfreiheit der Luft“ (Görner/Fröhlich 1968, S. 17).

Die rasche Entwicklung der Stadt und vor allem die Steigerung der Produktion in den Betrieben erforderten auch die Erschließung von größeren Mülldeponieflächen; der Platz im Stadtgebiet und nahen Umland war ausgenutzt. „Der VEB Jenapharm bringt seine Abfälle auf der Halde in der Gemarkung Lobeda unter, während die Abfälle des VEB Schott u. Gen. mit der Drahtseilbahn auf den Jenaer Forst transportiert werden“ – das war der Stand in den 1960er Jahren (Görner/Fröhlich 1968, S. 15). Im gesamten Landkreis gab es wilde Halden und unkontrollierte Müllplätze: im Wald und an Bahndämmen, an Ortsausgängen sowie in Gewässernähe. Nicht selten wurde Abfall direkt in Bäche und Flüsse gekippt. Auch die Großbetriebe entledigten sich ihrer Abfälle nicht immer auf legalem Weg.

„Im Jahr 1964 fielen im VEB Schott u. Gen. Etwa 120 t Glasfritte an, die aus produktionstechnischen Gründen nicht auf die Abfallhalde gekippt werden konnten. Der Betrieb lagerte eigenmächtig die Glasfritte im Pennickental bei Jena ab.“(ebd.)

In diesem Fall musste dieser Müllberg auf Veranlassung der Kreisnaturschutzverwaltung mit erheblichem Kostenaufwand beseitigt werden.

Fotomontage „Nicht zum Einnehmen – Luft aus Jena“, Jena 1989, Sammlung/Urheber: Christof Herrmann (ThürAZ-F-HCh-003.10)
Fotomontage „Nicht zum Einnehmen – Luft aus Jena“, Jena 1989, Sammlung/Urheber: Christof Herrmann (ThürAZ-F-HCh-003.10)

Schaum, Gestank und Kanalisation: Wasserqualitäten

In der Nachkriegszeit stand der Wiederaufbau des Landes im Vordergrund; der Bau Wasseraufbereitungs- und Kläranlagen hatten dabei keine Priorität. Industrie- und Stadtabwässer wurden ungereinigt in Bach- und Flussläufe eingeleitet. Jena lebte mit einem überalterten Kanalsystem, das dem Wachstum der Stadt nicht standhielt. Noch in den 1960er Jahren zerstörten hochaggressive Abwässer des VEB Jenapharm die Kanalanlagen. Die Saale kam allerdings bereits stark verschmutzt in Jena angeflossen: Im Oberlauf wurden zahlreiche Industrieabwässer eingeleitet.

„Hochaggressive Säuren und Laugen, giftige Substanzen und Schwebstoffe beeinträchtigen die Wasserhygiene und tragen somit zur unmittelbaren Gefährdung der Gesundheit und der Bevölkerung und zur Vernichtung des tierischen und pflanzlichen Lebens in unseren Gewässern bei.“ (Görner/Fröhlich 1968, S. 23)

Die Verunreinigung des Flusses nahm stromabwärts immer mehr zu, sodass die biologischen Selbstreinigungskräfte des Wassers nicht mehr ausreichten. Saalewasser konnte dann sogar nicht mehr für Industrie und Landwirtschaft verwendet werden. Die Verunreinigung des Wassers war sinnlich wahrnehmbar: Schaumberge auf dem Fluss und ein übler Geruch ließen sich nicht ignorieren.

Im Jahr 1972 erfolgte die Gründung des Ministeriums für Umweltschutz und Wasserwirtschaft. Die Ermittlung von Verschmutzungen und die Einleitung von Gegenmaßnahmen sollten jedoch auf Bezirksebene geschehen, d.h. durch die jeweiligen Hygiene-Institute der 15 DDR-Bezirke. (Roesler 2006, S. 27). Technisches Gerät zum Messen und Untersuchen der Proben fehlte jedoch oftmals. Zudem stand die Maxime der wirtschaftlichen Produktion deutlich vor dem Umweltschutz und wurde auch mit „politischen“ Zielen begründet.

Schwer war es, gegen die ganzen Schadstoffeinflüsse, die von der Industrie in die Saale eingeleitet wurden, anzukommen, weil natürlich immer mit technischen Aspekten argumentiert wurde. Wenn man das Ganze ihrer Meinung nach – also der Industrie – zu weit trieb, wurde natürlich hin und wieder gesagt, dass man sich entscheiden müsse, ob man für den Frieden oder gegen den Frieden sei. Solche Totschlagargumente kamen dann gelegentlich. [..]  Schließlich geht es um fachliche Fragen, und eigentlich müsste gefragt werden, welche Auswirkungen haben die Abwässer von Jenapharm auf die Fischfauna? Das wäre viel wichtiger gewesen.

Es ist ja aber auch nicht so, dass gegen die Verschmutzung nichts gemacht worden wäre, aber immer, wenn es darum ging, Kläranlagen zu bauen oder zumindest schrittweise etwas in Gang zu bringen, war es sehr schwierig. Erschwerend kam noch hinzu, dass Zeiss, Schott und Jenapharm Schwerpunktbetriebe waren und man diese nicht mit so restriktiven Maßnahmen einengen wollte. Das musste sich alles erst entwickeln, man konnte es akzeptieren oder auch nicht akzeptieren. Meistens haben wir es nicht akzeptiert. Man hatte auch eine ganze Reihe von sehr guten politischen Argumenten, um zu sagen, wenn der Sozialismus wirklich so überlegen ist, dann muss er das in diesem Punkt auch sein. Wenn man so angefangen hat zu argumentieren, herrschte schnell ziemliche Stille. Man konnte aber auch mit den eigenen Zielstellungen, die man politisch vorgab, aufs Kreuz gelegt werden. Insofern waren das immer sehr harte Auseinandersetzungen, die da stattgefunden haben (Interview mit Martin Görner).

Kirche oder Kulturbund? Engagement in Naturschutz und Umweltbewegung

Auch in Jena gab es vielfältige Aktivitäten und Engagement in verschiedenen Gruppierungen in Bezug auf Natur-, Landschafts- und Umweltschutz. Der ehemalige Kreisnaturschutzbeauftragte beschreibt die Beziehung untereinander sowie die Kooperationen folgendermaßen:

Aus unserer Sicht gab es aber immer eine gewisse Trennung, weil der Umweltschutz etwas ist, wo man sich mit technischen Dingen beschäftigen muss und dieses Argument würde ich auch heute noch aufrechterhalten, der Umweltschutz ist eben nicht der Naturschutz. Sicher gibt es Übergangsbereiche, insofern haben wir auch gewusst, dass es eine ganze Reihe von Aktivitäten von Umwelt-schutzgruppen gegeben hat, auch von solchen, die sich unter dem Dach der Kirche oder des Kulturbundes gegründet haben, da gab es ja viele Möglichkeiten. Mit denen haben wir natürlich, sofern es sich um Naturschutzprobleme gehandelt hat, zusammen gearbeitet. Da kamen dann z.B. welche, die gesagt haben: „Mensch, da gibt’s wieder so ein Riesenabwasser von Jenapharm, dagegen müssen wir was machen.“ Dann hat man aus der Sicht entweder des Umweltschutzes oder des Naturschutzes – heute eher Natur- und Artenschutz – gemeinsam angefangen, also man hat versucht, beide unterschiedlichen Herangehensweisen zu vereinen. Ja, das hat es gegeben und somit hatte man auch eine Menge von Verbindungen zu verschiedensten Leuten. (Interview mit Martin Görner)

Engagement im kirchlichen Bereich bot aus Sicht der Beteiligten den Vorteil, dass hier im geschützten Raum agiert werden konnte. Allerdings war die Arbeit Anfang der 1980er Jahre in ihrer Wirksamkeit noch sehr begrenzt und auf den gegenseitigen Informationsaustausch beschränkt. Die Mitglieder standen zumeist im Berufsleben und hatten Familie, sodass sie Gefährdungen durch kritische Äußerungen vermeiden wollten. Die Strukturen unter dem „Dach der Kirche“ wurden aber sukzessive professionalisiert. Zudem entstanden Umweltbibliotheken in thüringischen Städten wie Jena und Erfurt, wo sich 1983 aus der kirchlichen Offenen Arbeit heraus ein Kreis bildete, der Informationen zu Umweltthemen sammelte und verbreitete. Innerkirchliche Informationsblätter wie die „Plattform. Konziliare Nachrichten“ (Kreissynode Erfurt) diskutierten Themen wie das Waldsterben im Harz oder ökologische Notstände im Gebiet des Braunkohleveredelungswerks Espenhain. Die Erfurter Umweltgruppe traf sich einmal im Monat zu Lektüre oder thematischen Informationen, Tee und Gesprächen (ThürAZ, P-RA-K-11.02). Das „Erfurter Filterpapier“ wiederum war das Organ des „Ökumenischen Luftseminars“ (September 1989 in Erfurt). Im Text wird darauf verwiesen, dass die DDR 40 Jahre nach ihrer Gründung zu den „größten Luftverschmutzern der Welt“ zählt – ein internationales Thema, denn: „Grenzen halten Menschen, aber nicht die Luftverschmutzung auf“ (ThürAZ, P-SeM-K-35.03).

In Jena wurde Ende 1988 nach dem Vorbild der Umweltbibliotheken ein „Leseladen“ in der Johannisstraße 14 eingerichtet. Die Bücher stammten vorwiegend aus dem Nachlass ausgereister Aktivist*innen. Auch selbstgedruckte und vervielfältigte Materialien, vorwiegend aus dem Bestand des Ökologie-Kreises der Jungen Gemeinde Stadtmitte, sowie Periodika wie die „Umweltblätter“ aus Berlin gehörten zum Bestand.

 

Aufkleber der IG Stadtökologie Jena, Jena 1989, Sammlung Grüne Jena/Olaf Möller, Urheber: unbekannt (ThürAZ-GJ-K-08.05)
Aufkleber der IG Stadtökologie Jena, Jena 1989, Sammlung Grüne Jena/Olaf Möller, Urheber: unbekannt (ThürAZ-GJ-K-08.05)

Eine Alternative in einer Art politischem „Zwischenraum“ bot die Arbeit in der Interessengemeinschaft (IG) Stadtökologie, Ende der 1980er Jahre gegründet. Etliche der Mitwirkenden wollten damit zeigen, dass Engagement dezidiert auch außerhalb der Kirche möglich war. Für die Mitarbeit war eine Mitgliedschaft im Kulturbund verpflichtend, der kulturellen Massenorganisation in der DDR. Schnell wuchs diese Gruppe in Jena auf etwa 100 Mitglieder an. Zumeist waren es jüngere Menschen im Alter von Anfang 20 bis Ende 30. Die Aktivitäten waren in unterschiedliche Arbeitsgemeinschaften organisiert (z. B. „Wasser“, „Abfall“, „Stadtgrün“, „Ökologische Lebensweise“, „Energie“ und „Luftreinhaltung“). Entsprechend der Interessen wurden beispielsweise Baumkataster angelegt oder Einladungen ausgesprochen, wie an Referenten der zuständigen Behörde für (Ab-)Wasser in Gera. Auch Gegenaktionen wie der Protest gegen eine geplante Außenstelle von Jenapharm, die (hochgiftige) pharmazeutische Stoffe für chemotherapeutische Behandlungen in Jena produzieren wollte. In Bezug auf die Aktionen und Interessen gab es (auch personelle) Überschneidungen mit Umweltaktivist*innen aus dem kirchlichen  Umfeld, aber keine dezidierte Zusammenarbeit. Erklärtes Ziel und Aufgabe der IG Stadtökologie war es, Öffentlichkeit herzustellen. Dazu brauchte es einen gewissen Grad an Verständigung mit den staatlichen Stellen. Bei Ausstellungen zu Umweltthemen beispielsweise mussten die Poster und Faltblätter vor dem Druck vorgelegt und genehmigt werden.

Da musste verhandelt werden, was da reingeschrieben werden darf und was da nicht reingeschrieben werden darf und so. Alles das waren natürlich schwierige und zeitraubende Sachen. Und soweit ich weiß, ist dann auch so eine Umweltausstellung dann einfach mal geplatzt, weil wir gesagt haben: „Zu diesen Bedingungen machen wir das nicht!“ Da wollten sie zig Sachen streichen, geändert haben, und da war dann irgendwo der Punkt: „Nee, das machen wir nicht.“ (Interview mit Cornelius Kramer* / ThürAZ, ZeZe-M-14)

Bereits 1989 gab es vielfältige Vernetzungsaktivitäten innerhalb des Kulturbundes mit anderen Städten. Nach der politischen Wende wurde auch das „Dach“ des Kulturbundes nicht länger benötigt. Innerhalb der Gruppierung gab es unterschiedliche Standpunkte, ob die rasche Gründung einer Grünen Partei sinnvoll sei oder ob das Engagement auf eine Umwelt-Bürgerbewegung bezogen bleiben sollte. Nach dem Rücktritt des Stadtrats für Umweltschutz, Wasserwirtschaft und Erholungswesen infolge der politischen Wende war es jedoch eine Vertreterin der IG Stadtökologie (und Mitglied des Runden Tisches), die das Amt bis zur nächsten Kommunalwahl kommissarisch ausübte. Die Mitglieder der IG Stadtökologie engagierten sich in dieser Übergangszeit und gestalteten den Prozess aktiv mit.

Na, total eingebracht haben wir uns. Also erstens beim Umweltbericht: Im Dezember ’89 haben wir einen Umweltbericht innerhalb von drei Wochen für die Stadt Jena erarbeitet, in Arbeitsgruppen. Da sind auch Leute von außen dazugekommen, nicht nur wir als IG, sondern es gab richtige Arbeitsgruppen, Arbeitsthemen. Da sind auch Leute aus dem Neuen Forum oder Oppositionelle mit reingegangen. Innerhalb von drei Wochen war das Ding fertig. Wir haben uns ständig getroffen. Also das war ein hartes Ding! Und danach? Die IG hat sich eingebracht… Einer ist Dezernent geworden, ein anderer auch. Wir hatten bis zur letzten Wahl zehn Leute im Parlament, hier im Stadtparlament.“ (Interview mit Cornelia Bartlau / ThürAZ, ZeZe-B-02-01)

Zu den Kommunalwahlen im Frühsommer 1990 trat schließlich die „Grüne Liste“ an, die sich aus dem gesamten Spektrum der Umweltaktivist*innen zusammensetzte. Neue Verwaltungsstrukturen wurden implementiert wie beispielsweise die Gründung eines Abfallzweckverbandes und ein Naturschutzgroßprojekt (Orchideenregion mittleres Saaletal) initiiert. Nach 1990/91 erlahmte das Engagement in der Umweltbewegung. Einigen Mitgliedern fehlt jetzt – Zeitzeugen zufolge – der subversive Touch ihrer Aktivitäten, die Strukturen änderten sich (Interview mit Cornelius Kramer* / ThürAZ, ZeZe-M-14). So war auch die IG Stadtökologie nicht mehr aktiv.

Ira Spieker

Quellen und Literatur

  • Interview mit Martin Görner, geführt von Ira Spieker am 02.03.2020 in Jena.
  • Thüringer Archiv für Zeitgeschichte “Matthias Domaschk” (ThürAZ): ThürAZ, ZeZe-M-14 (Interview mit Cornelius Kramer*)
    • ThürAZ, ZeZe-B-02-01 (Interview mit Cornelia Bartlau)
    • ThürAZ, P-SeM-K-35.03
    • ThürAZ, P-RA-K-11.02
    • ThürAz Jena, P-BC-K-2.14
    • ThürAz Jena, P-BC-K-5.4
  • Roesler, Jörg: Umweltprobleme und Umweltpolitik in der DDR. Erfurt 2006 (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen)
  • Stutz, Rüdiger/Mieth, Matias (Hg.): Jena. Lexikon zur Stadtgeschichte. Berching 2018.