JenTower – das höchste Haus von Jena
Heute ein weithin sichtbares Wahrzeichen und Orientierungspunkt innerhalb der Stadt, ist der JenTower das einzige realisierte Gebäude eines sozialistischen Bebauungsplans: des „Jenaer Ensembles“. Weil sein Bau einen massiven Eingriff in das Stadtbild darstellte, war er besonders Mitte der 1990er Jahre sehr umstritten. Uneinheitlich ist seine Bezeichnung: „JenTower“ ist die gegenwärtige offizielle Benennung, aber ebenso wird er (nach seinem Hauptmieter und dem Schriftzug am Turm) „Intershop-Turm" oder auch aufgrund seines Aussehens „Keksrolle“ genannt. „Universitäts-Hochhaus“ oder „Uni-Turm“ wiederum bezieht sich auf die frühere Nutzung, als der Turm ein Gebäude der Friedrich-Schiller-Universität war. Die ursprüngliche Bezeichnung in den Bauunterlagen für den Forschungsneubau des VEB Carl-Zeiss Jena war indes FNB 71.
Planung und Bau des JenTowers
Im Rahmen einer neuen, sozialistischen Gestaltung des Jenaer Stadtzentrums wurde ab 1968 ein Bebauungsplan erstellt, der zwar mehrmals überarbeitet wurde, aber immer den Bau eines Hochhauses und den Abriss weiter Teile der Altstadt vorsah. Als erster und letztlich auch einziger Bestandteil des geplanten „Jenaer Ensembles" wurde ab dem 30. April 1970 das Forschungshochhaus des VEB Carl-Zeiss Jena gebaut. Da es sich als ungeeignet für seinen ursprünglichen Verwendungszweck erwies, übergab der Betrieb es noch während der Bauphase am 1. Januar 1972 der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Einweihung erfolgte im Oktober desselben Jahres.
Öffentliche Debatten gab es während der Planungs- und Bauzeit nicht, was zum einen daran lag, dass die Entscheidungen zum Bau nicht auf städtischer Ebene, sondern zentral in Berlin getroffen wurden. Zum anderen boten auch die damaligen Lokalzeitungen kein Diskussionsforum und druckten kaum Leserbriefe ab. Allerdings gab es, wenn auch erst nach dem Innenstadt-Abriss von 1969, vereinzelt Diskussionsrunden unter den Bürgern verschiedener Jenaer Stadtteile.
Im Rückblick beschreibt der Inhaber eines Geschäfts in der Innenstadt seine Eindrücke zum Hochhausbau folgendermaßen:
„Gleichgültig war es mir nicht, weil ich schon dachte, die kleine Innenstadt […], ob das nun so sein musste. Aber es war natürlich auf der anderen Seite das höchste Haus Thüringens, und was alles so die Superlative waren. Aber eine Beziehung hatte ich nie dazu. Was wollen Sie machen, wenn das Ding steht, da können Sie sich nur den ganzen Tag ärgern, und das ärgert niemanden weiter als Sie selbst. So kritisch war ich dann auch nicht“. (Interview mit Armin Jendrich*)
Die Debatte um den JenTower nach 1989/90
Im Bebauungsplan für die Innenstadt aus dem Jahr 1993 war der Erhalt des JenTowers bzw. des damaligen Universitätshochhauses eingeplant, jedoch wurde ein Bruch des Maßstabs und eine Störung des Stadtbilds durch das Hochhaus negativ bewertet. Es gab kritische Stimmen, die den Abbruch des Turms forderten, aber eine wirklich hitzige Debatte entbrannte erst 1996: Die Bebauungspläne gingen von einer universitären Nutzung des Gebäudes aus, doch die Universität gab den Turm im gleichen Jahr auf – die Institute zogen aus. Daraufhin stellte sich die Frage, ob das Gebäude nun abgerissen oder saniert und dann anderweitig genutzt werden sollte.
Befürworter eines Abrisses argumentierten unter anderem, dass diese Lösung, nach damaligen Gutachten, weitaus kostengünstiger sei als eine Sanierung. Aber stärker noch wurde betont, dass die ursprüngliche Struktur der Stadtmitte nicht wiederhergestellt werden könne, solange der Turm stehe. Gegner des Abrisses argumentierten hingegen, dass der Abriss des Hochhauses für jüngere Generationen einen ähnlich schmerzhaften Verlust darstellen würde wie der Abriss der Innenstadt 1969 für ältere Generationen. Zudem sei der Turm selbst inzwischen ein wichtiges Wahrzeichen Jenas und schon von Weitem ein Orientierungspunkt, außerdem symbolisiere er die Bedeutung der Technik für Jena.
Letztendlich blieb der Turm erhalten, wurde vom Land an die Saller Gewerbebau GmbH verkauft und 1999/2000 vollständig entkernt und erneuert. Hauptmieter ist die Intershop Communications AG; genutzt wird der JenTower vor allem als Bürohochhaus. Des Weiteren gibt es eine Aussichtsplattform, ein Hotel und ein Restaurant. Im Neubau des Turmfußes befinden sich ein Einkaufszentrum, die „Neue Mitte“, und eine Tiefgarage.
„Ja, da habe ich gedacht, es [der Abriss] wäre ganz schön, aber es hieß ja dann, es wird saniert, es werden Büros gebraucht, es wird Platz gebraucht: Und man hatte sich schon dran gewöhnt. Also ich hätte nicht geweint, wenn er abgerissen worden wäre, aber ich hab auch nicht geweint, dass er stehengeblieben ist“. (Interview mit Armin Jendrich*)
Anna Rausch
Quellen und Literatur
- Interview mit Armin Jendrich*, geführt von Anna Rausch am 29.10.2019 in Jena.
- Diers, Michael (Hg.): Der Turm von Jena. Architektur und Zeichen. Jena 1999.
- Ebert, Dietmar: Fremd sehen in der eigenen Stadt. In: Strubelt, Wendelin (Hg.): Jena. Dessau. Weimar. Städtebilder der Transformation 1988 - 1990. 1995 - 1996. Opladen 1997.
- Stutz, Rüdiger/Mieth, Matias (Hg.): Jena. Lexikon zur Stadtgeschichte. Berching 2018.