Der Eichplatz – Jenas Mitte?
Der Eichplatz liegt zentral in der Innenstadt und zu Füßen des JenTowers – ein großer Platz, der vorwiegend als Parkplatz und hin und wieder für Jahrmärkte genutzt wird. In Funktion, Erscheinungsbild und Lage hat er sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Seit dem Abriss zahlreicher historischer Gebäude im Jahr 1969 und dem anschließenden Turmbau wurden jedoch keine einschneidenden baulichen Veränderungen mehr vorgenommen.
Der historische Eichplatz
Der ursprüngliche Eichplatz war weitaus kleiner und an einer anderen Stelle innerhalb der Stadt positioniert. Die Fläche entstand durch einen Brand, der am 13./14. Oktober des Jahres 1806 ausbrach, als während der Napoleonischen Kriege die französische Armee vorübergehend in Jena einzog. Ein Feuer, vermutlich durch Unachtsamkeit der Soldaten ausgelöst, zerstörte insgesamt 19 Häuser. Trotz späterer Reparationszahlungen durch Napoleon wurde nach dem Brand nur ein neues Gebäude errichtet, und zwar das sogenannte Timlersche Haus.
Der freie Platz wurde zunächst als „Brandplatz“ bezeichnet, den Namen „Eichplatz“ erhielt er erst im Jahr 1816, als Jenaer Burschenschafter dort eine Eiche pflanzten. 1883 wurde zudem ein Burschenschaftsdenkmal auf dem Eichplatz aufgestellt, das dort bis 1947 stand und sich gegenwärtig an der Nordseite des Universitätshauptgebäudes befindet.
Der historische Eichplatz überstand die Bombardierungen während des Zweiten Weltkriegs und existierte in seiner ursprünglichen Form bis 1969.
Der großflächige Abriss der Innenstadt 1969
Bei dem Abriss von Teilen der Innenstadt wurden ab Juli 1969 die Gebäude um den Eichplatz herum gesprengt, wodurch der Platz seine ursprüngliche Eingrenzung – und auch seinen Namen – verlor. Die Fläche gehörte fortan zum „Zentralen Platz“, der am 11. April 1979 schließlich in „Platz der Kosmonauten“ umbenannt wurde, in Erinnerung an den Besuch der Kosmonauten Sigmund Jähn und Waleri Bykowski in Jena im Jahr 1978. Die Pläne für eine großflächigere Bebauung scheiterten jedoch.
Die große Fläche diente nun als Aufmarschplatz, für Kundgebungen und Massenveranstaltungen. Weiterhin wurde der Platz aber auch als Raum angeeignet für Demonstrationen, die sich gegen das DDR-Regime richteten. Zunächst traf sich dort der „Weiße Kreis“, eine Ansammlung von Ausreisewilligen, und erreichte öffentliche Sichtbarkeit. Im Jahr 1989 fanden schließlich die Montagsdemonstrationen auf dem Platz der Kosmonauten statt.
„Da hab ich wirklich vieles nur durch Erzählen mitbekommen. Ganz gravierend war, die Ausreisewilligen haben sich in den achtziger Jahren immer, ich weiß nicht ob Dienstag oder Donnerstag, auf dem Eichplatz getroffen. Die hatten alle weiße Hemden an und Blusen und haben da immer einen Kreis gebildet“. (Interview mit Armin Jendrich*)
Der Eichplatz nach 1990: Bebauungspläne
Bereits im Jahr 1990 fand in Jena ein Architektenworkshop statt, bei dem unter anderem die erneute Bebauung des Platzes diskutiert wurde. Zudem fiel die Entscheidung, den „Platz der Kosmonauten“ wieder in „Eichplatz“ umzubenennen, was dann am 1. April 1991 geschah.
Die Stadtverwaltung betonte, dass dem Stadtzentrum eine bauliche Mitte fehle. Deshalb wurde ein gutachterlicher Wettbewerb zur Bebauung ausgeschrieben. Dessen Ergebnisse lagen 1993 vor, Gewinner ein Darmstädter Büro. Die Umsetzung der Pläne, die Wohn- und Geschäftshäuser vorsahen, scheiterten jedoch – unter anderem an fehlenden Investoren. Zudem gab es sowohl in der Stadtverwaltung als auch in der Jenaer Bevölkerung Meinungsverschiedenheiten darüber, wie und ob der Eichplatz konkret bebaut werden sollte. In den regionalen Zeitungen lässt sich insesondere ab 2009 eine Verschärfung des Konflikts verfolgen. 2012 wurden neue Konzepte der Eichplatzbebauung entwickelt, wobei der erstplatzierte Entwurf 2014 in einer Bürgervollbefragung abgelehnt wurde. Diese Entscheidung löste den Bebauungsstopp aus. Ab 2014 verschwand der Eichplatz allmählich aus der medialen Berichterstattung. Gegenwärtig gibt es jedoch wieder ein neues Konzept zur Bebauung, das unter anderem drei schlanke Hochhäuser und einen neuen Stadtgarten vorsieht.
„Wieder mit Geschäften und Wohnungen, auf jeden Fall hätte ich auch gerne den Eichplatz als Platz erhalten. […] So ungefähr den historischen, aber mir hat auch der Orchideenbrunnen gefallen, der früher mal drauf war, auch Freiraum, auch Grün. Aber ich hätte mir gewünscht, dass da florierende Geschäfte mit schönen Wohnungen sind und Büros. Also ich finde diesen Parkplatz schrecklich.“
„Mir ging es darum, dass die Bebauung zustande kommt. Und es war ja auch schon relativ weit, als alles zerschlagen wurde durch den Volksentscheid [die Bürgervollbefragung], das fand ich nicht gut.“ (Interview mit Armin Jendrich*)
Anna Rausch
Quellen und Literatur
- Interview mit Armin Jendrich*, geführt von Anna Rausch am 29.10.2019 in Jena.
- Stadtarchiv Jena, Zeitungsarchiv, Bestand Eichplatz.
- Ebert, Dietmar: Fremd sehen in der eigenen Stadt. In: Strubelt, Wendelin (Hg.): Jena. Dessau. Weimar. Städtebilder der Transformation 1988 - 1990. 1995 - 1996. Opladen 1997.
- Philler, Kristian: Der Eichplatz: Leutrastraße, Kollegiengasse, Johannisplatz, Am Kreuz, Kirchplatz; ein geschichtlicher Streifzug. Jena 2014.
- Stutz, Rüdiger/Mieth, Matias (Hg.): Jena. Lexikon zur Stadtgeschichte. Berching 2018.