Edition und Kommentar. Aufbau und Vermittlung von kontextualisierenden Inhalten
Sektion II - Viele Wege – hohe Erwartungen: Perspektiven der Quellenerschließung
23. Juni 2022 - 12.15 Uhr
Peter Wiegand ‧ Dresden
Forschungsschwerpunkte
- Archivwissenschaften
- Historische Grundwissenschaften
- Kirchen- und Frömmigkeitsgeschichte
Vita (Auszug)
- 1996 Promotion an der Philipps-Universität Marburg – Dissertationsschrift: Diözesansynoden und bischöfliche Statutengesetzgebung im Bistum Kammin
- 1993−97 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mittelalterliche Geschichte und geschichtliche Landeskunde der Philipps-Universität Marburg
- seit 1997 im Archivdienst
- 2007−18 Stellvertretender Leiter des Hauptstaatsarchivs Dresden
- seit 2018 Leiter des Hauptstaatsarchivs Dresden Profil
- seit 2019 Honorarprofessor für Sächsische Landesgeschichte an der Universität Leipzig
Publikationen (Auswahl)
- Pfarrvisitation im Bistum Meißen. Das Zeugnis der „articuli seu interrogancia“ aus der Zeit Bischof Dietrichs III. von Schönberg 1463–1476), in: Alexander Sembdner/Christoph Volkmar (Hg.), Nahaufnahmen. Landesgeschichtliche Miniaturen für Enno Bünz zum 60. Geburtstag (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 67), Leipzig 2021, S. 59-80.
- Landesaufnahme und Register. Zum funktionellen Verbund von archivischer Karte und urbariellem Schriftgut im frühneuzeitlichen Sachsen, in: Katrin Marx-Jaskulski/Annegret Wenz-Haubfleisch (Hg.), Pragmatische Visualisierung. Herrschaft, Recht und Alltag in Verwaltungskarten (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 38), Marburg 2020, S. 39-60.
- Der päpstliche Kollektor Marinus de Fregeno († 1482) und die Ablasspolitik der Wettiner. Quellen und Untersuchungen (Quellen und Materialien zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 5), Leipzig 2015.
- Unbekannte Statuten des Kardinallegaten Guido von San Lorenzo in Lucina zum Vermögensrecht norddeutscher Pfarrkirchen, in: Michael Lissok/Haik Thomas Porada (Hg.), Christi Ehr vnd gemeinen Nutzen. Beiträge zur Kirchen-, Kunst- und Landesgeschichte Pommerns und des Ostseeraums. Festschrift für Norbert Buske, Bd. 2 (Beiträge zur pommerschen Landes-, Kirchen- und Kunstgeschichte 18), Schwerin 2014, S. 393-432.
- „... pro conservatione status ecclesiastici sunt impressa…” Die synodale Statutengesetzgebung der Bischöfe von Meißen zwischen Skriptographie und Typographie, in: Enno Bünz (Hg.), Bücher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland. Neue Forschungen zur Kommunikations- und Mediengeschichte um 1500 (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 15), Leipzig 2006, S. 401-438.
- Diözesansynoden und bischöfliche Statutengesetzgebung im Bistum Kammin. Zur Entwicklung des partikularen Kirchenrechts im spätmittelalterlichen Deutschland (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern 5/Forschungen zur Pommerschen Geschichte 32), Köln 1998.
Dynamische Satzungen. Probleme der Edition und Kommentierung spätmittelalterlicher Provinzial- und Diözesanstatuten
Der Vortrag befasst sich mit den Statuten, die Erzbischöfe und Bischöfe des späten Mittelalters auf ihren Provinzial- und Diözesansynoden erließen – einer Quellengattung, die von Editoren hierzulande erst noch entdeckt werden muss. Anders als etwa in Polen, England, Frankreich, Spanien oder Tschechien, wo diese Texte in den vergangenen Jahrzehnten intensiv bearbeitet wurden, fehlt es für den Bereich der Germania Sacra an systematisch abgestimmten Textausgaben.
Im Fokus steht die Frage, wie eine kritische Edition spätmittelalterlicher Synodalstatuten aussehen könnte. Diese stellen hohe Anforderungen vor allem an ihre text- und überlieferungskritische Kommentierung. Dahinter steht der Befund, dass die bischöfliche Gesetzgebung, die zur Kategorie spätmittelalterlicher ‚Massenüberlieferung‘ gezählt werden darf, eine Vielzahl von Vorlagen verarbeitet und nach der Art ihrer Entstehung und Verbreitung im weiteren Sinne als dynamische Textgattung zu behandeln ist. Ihre Vorlagenvielfalt und Dynamik geben Anlass, eine der Fragen, die während der Tagung diskutiert werden sollen, besonders ins Auge zu fassen – die Frage nämlich, welche „entstehungs-, quellen- oder wirkungsgeschichtlichen Informationen“ ein Bearbeiter „vermitteln“ sollte?
Den Ausgangspunkt bildet eine Anregung, die Peter Johanek vor gut 40 Jahren gab, als er sich am Beispiel von Mainz und Salzburg erstmals mit der Überlieferung ganzer Kirchenprovinzen befasste. Künftige „Editionsmodelle“ müssten, so Johanek, „mit größtmöglicher Ökonomie in der Darbietung diskutiert werden“. Vor diesem Hintergrund skizziert der Vortrag zunächst typologische Merkmale und Genese synodaler Statuten und versucht zu zeigen, was die Vorlagenvielfalt und die Dynamik der Gattung konkret ausmacht. In einem zweiten Schritt werden anhand von Beispielen die sich hieraus ergebenden Anforderungen an Gestaltung und Kommentierung einer Statutenedition diskutiert.