Edition und Kommentar. Aufbau und Vermittlung von kontextualisierenden Inhalten

Sektion I - »Wer wird … später alle diese Briefe lesen?« Briefe und ihre Kommentierung im Fokus

23. Juni 2022 - 9.00 Uhr

Andreas Kuczera ‧ Gießen

Forschungsschwerpunkte

  • Digitale Geisteswissenschaften
  • Regesta Imperii
  • Sozinianischer Briefwechsel
Portraitfoto von Andreas Kuczera

Vita (Auszug)

  • 2001 Promotion an der Justus-Liebig-Universität Gießen – Dissertationsschrift: „Grangie und Grundherrschaft“. Zur Wirtschaftsverfassung des Klosters Arnsburg (Stipendiat der hessischen Graduiertenförderung)
  • 2001−06 Mitarbeiter im DFG-Projekt Regesta Imperii Online
  • 2007−12 Projektverwaltung der Akademie Mainz und der Digitalen Akademie
  • seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Akademieprojekt Regesta Imperii Online an der Schnittstelle zur Digitalen Akademie
  • seit 2021 Akademieprofessur für anwendungsbezogene digitale Methodik in den Geistes- und Sozialwissenschaften an der Technischen Hochschule Mittelhessen Gießen Profil

Publikationen (Auswahl)

  • zusammen mit Thomas Kollatz et. al., Die Modellierung des Zweifels – Schlüsselideen und -konzepte zur graphbasierten Modellierung von Unsicherheiten, in: Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften 4 (2019). Link
  • Mit graphbasierter Edition zur semantischen Multidimensionalität, in: Magazin für digitale Editionswissenschaften 5 (2019), S. 31-43.
  • Die ‚Regesta Imperii‘ im digitalen Zeitalter. Das Regest als Netzwerk von Entitäten, in: Das Mittelalter 24 (2019), S. 157-172.
  • Graphentechnologien in den Digitalen Geisteswissenschaften. Modellierung – Import – Exploration (2018). Link
  • Graphbasierte digitale Editionen, in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 19. April 2016. Link
  • Digitale Perspektiven mediävistischer Quellenrecherche, in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 18.04.2014. Link
  • Regesta Imperii Online. Von der Internetpräsentation zur Internetedition, in: Georg Vogler (Hg.), Digitale Diplomatik. Neue Technologien in der historischen Arbeit mit Urkunden (Archiv für Diplomatik. Beiheft 12), Köln u.a. 2009, S. 84-90.
  • zusammen mit Dieter Rübsamen, Verborgen, vergessen, verloren? Perspektiven der Quellenerschließung durch die digitalen „Regesta Imperii“, in: Rainer Hering u.a. (Hg.), Forschung in der digitalen Welt. Sicherung, Erschließung und Aufbereitung von Wissensbeständen, Hamburg 2006, S. 109-124. Link
  • Grangie und Grundherrschaft. Zur Wirtschaftsverfassung des Klosters Arnsburg zwischen Eigenwirtschaft und Rentengrundherrschaft 1174–1400 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 129), Darmstadt 2003.

Digitale Modellierung von Briefen in ihren Überlieferungs- und Annotationskontexten. Das Buch der Briefe der Hildegard von Bingen

Die Briefe der Benediktinerin und Äbtissin Hildegard von Bingen (1098–1179) sind in komplexer Überlieferung erhalten. Eine besondere Stellung nimmt der sogenannte Riesenkodex ein, der ein zu einem theologischen Werk komponiertes Buch der Briefe (Liber epistolarum) bietet. Dem aktuellen Forschungsstand zufolge kommt dieser Fassung der Briefsammlung aus zwei Gründen eine herausragende Position zu. Zum einen wird der Liber epistolarum in der mittelalterlich-neuzeitlichen Hildegard-Rezeption als ein den Visionsschriften gleichrangiges Werk angesehen. Zum anderen gilt er als Ausgabe letzter Hand, ist er doch zu Hildegards Lebzeiten entsprechend ihren Vorstellungen von ihren Mitarbeitern aus dem Gesamt ihrer Briefe gestaltet worden.

Das vorliegende Forschungsvorhaben wird dieses Werk zum ersten Mal in einer Edition präsentieren. Anders als die vorhandene kritische Edition der Briefe Hildegards von van Acker/Klaes (1993–2001), die auf eine Rekonstruktion der tatsächlich erfolgten Korrespondenz abzielt, dabei aber die Überlieferungsstufen vermischt, konzentriert sich das vorliegende Projekt mit dem Liber epistolarum des Riesenkodex auf die letzte und zugleich von Hildegard autorisierte Gestalt der Überlieferung ihrer Briefe. Infolgedessen werden die einzelnen Briefe dieser Sammlung als Teile einer theologisch-literarischen Komposition gewichtet und nicht als Zeugen eines Briefwechsels, der sich historisch ereignet hat.

Die Herausgabe des Liber epistolarum ist als digitale angelegt und wird zudem auch in Buchform gedruckt erscheinen. Das Vorhaben wird durch eine entwicklungsgeschichtliche Analyse der Briefe ergänzt. In ihr werden die Verhältnisse der einzelnen Briefe zueinander festgehalten. Die komplexe, netzwerkartige Überlieferungssituation der Briefe Hildegards wird mit Hilfe eines Graphmodells erschlossen. Untersuchungen des Überlieferungsnetzwerkes können durch inhaltliche Kriterien ergänzt werden, da die Brieftexte mit Hilfe eines standoff-basierten Editors im Graphmodell integriert werden, wobei die inhaltliche Erschließung sich der TEI-Semantik bedient. Digitale Edition und graph-modellierte Analyse werden auf einer Web-Plattform so zugänglich gemacht, die sowohl den Analyse-, Recherche- und Publikationsbedürfnissen der Edierenden als auch der Fachcommunity Rechnung trägt.

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