Karlheinz Blaschke im Alter von 93 Jahren verstorben
Am 25. Dezember ist der Landeshistoriker Karlheinz Blaschke im Alter von 93 Jahren verstorben. Sein Leben ist untrennbar mit der Geschichte Sachsens verbunden, deren Erforschung er sich seit der Promotion bei Rudolf Kötzschke in Leipzig 1950 unablässig gewidmet hat. Viele Jahre wirkte Blaschke im sächsischen Archivwesen, wechselte 1969 aber aus politischen Gründen auf eine Dozentur am Theologischen Seminar in Leipzig, einer kirchlichen Hochschule, und wurde nach dem Ende der DDR und der deutschen Wiedervereinigung 1992 auf den Lehrstuhl für sächsische Landesgeschichte an der TU Dresden berufen, den er aufgrund einer Sonderregelung über die gesetzliche Altersgrenze hinaus bis 1998 innehatte. In diesen Jahren hat Blaschke wesentlich dazu beigetragen, die sächsische Landesgeschichtsforschung zu einer leistungsfähigen, über die Landesgrenzen hinaus beachteten Disziplin zu machen. Mit der ihm eigenen Beharrlichkeit hat der Verstorbene in den 1990er Jahren die Gründung eines außeruniversitären landesgeschichtlichen Forschungsinstituts betrieben, die 1997 mit der Einrichtung des Instituts für Sächsische Geschichte und Volkskunde in Dresden realisiert werden konnte. Dem wissenschaftlichen Beirat des Instituts hat Blaschke von 1997 bis 2006 angehört.
Nach jahrzehntelanger Zwangspause konnte Karlheinz Blaschke 1993 mit Band 64 die angesehene Zeitschrift „Neues Archiv für Sächsische Geschichte“ wiederbegründen, die 1942 mit Band 63 ihr Erscheinen hatte einstellen müssen. Seit 2002 wird das NASG im Auftrag des ISGV von einem erweiterten Kreis von Fachleuten herausgegeben. In Zusammenarbeit mit dem ISGV hat Karlheinz Blaschke, dabei tatkräftig unterstützt von Susanne Baudisch, das Historische Ortsverzeichnis von Sachsen neu herausgebracht und gegenüber der Erstausgabe von 1957 erheblich erweitert (Quellen und Materialien zur sächsischen Geschichte und Volkskunde, Band 2). Dieses Standardwerk wird im Institut mittlerweile als Digitales HOV fortgeführt und laufend aktualisiert. Das ISGV hat Karlheinz Blaschke anlässlich seines 75. und 80. Geburtstages durch wissenschaftliche Kolloquien geehrt. Anlässlich des 75. Geburtstags erschienen ausgewählte Aufsätze von Blaschke („Beiträge zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte Sachsens“, 2002) als Band 5 der Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde. Das Themenspektrum verdeutlicht anschaulich die Schwerpunkte der Forschungsleistung Blaschkes, der sich vor allem mit Fragen der Struktur- und Verfassungsgeschichte Sachsens im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit befasst hat. Hinzu kommen seine Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Reformationsgeschichte, die zum 80. Geburtstag 2007 mit einem Ehrenkolloquium über „Perspektiven der Reformationsforschung in Sachsen“ gewürdigt wurden (Bausteine aus dem ISGV, Band 12).
Das Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde erinnert sich in Dankbarkeit an einen Landeshistoriker, der im Dienst an der sächsischen Geschichte unbeirrbar seinen Weg gegangen ist und dabei auch Konflikte nicht gescheut hat. Sein reichhaltiges Oeuvre, das die zentrale Bedeutung von Mittelalter und Früher Neuzeit für die Geschichte des Landes herausgestellt hat, wird auch für künftige Generationen von Landeshistorikern ein Bezugspunkt bleiben und dazu anregen, die Geschichte Sachsens weiter perspektivenreich und mit Engagement zu erforschen und zu vermitteln.
Eine ausführliche Würdigung des Verstorbenen wird im Neuen Archiv für Sächsische Geschichte erscheinen.
Enno Bünz/Andreas Rutz