Fundstück aus dem LGA – im November 2018

100 Jahre Waffenstillstand im Ersten Weltkrieg

Der Waffenstillstand im Ersten Weltkrieg jährt sich in diesem November zum einhundertsten Mal. Den kriegführenden Gesellschaften war zu Kriegsbeginn wohl völlig unvorstellbar, dass es dazu erst nach vier Jahren und unter gänzlich unerwarteten Umständen kommen würde. Im ISGV finden sich einige Quellenbestände aus der Zeit des damals bisweilen „Völkerkrieg“ genannten Geschehens. Das Kriegsende dokumentieren sie zwar nicht, aufschlussreich sind sie aber gerade hinsichtlich der Deutung des Krieges und an die Erwartungen an Kriegsdauer und Kriegsende.

So sind im Lebensgeschichtlichen Archiv mehrere Tagebücher und Briefe sächsischer Kombattanten gesammelt: Ein Soldat begann die Einträge seines Kriegstagebuches mit einer tageweisen Zählung (1. Tag, 2. Tag usw.), über die sich zumindest mutmaßen lässt, dass er sie nicht über Jahre zu führen beabsichtigte. Der abgebildete Notizbuch-Eintrag des Kriegsfreiwilligen Gustav Hermann Schiller über den „Feldzug 1914/15“ weist ebenso auf die verbreitete Annahme eines wenigstens zeitlich überschaubaren Kriegsverlaufs hin. Letztgenannter stellte sein Schreiben im Krieg wohl im Sommer 1915 ein, als sich diese Annahme immer deutlicher als Fehlvorstellung herausstellen musste.

Die Lücke, die der Dresdner in diesem Tagebuch für ein Zerstörungsbild Langemarks ließ, hätte sich abgesehen von der Bedeutung des Ortes für den deutschen Kriegsmythos „Langemark“ auch mit einem der inflationär produzierten Zerstörungsbildern füllen lassen, die nicht zuletzt als Leistungsschau für die so genannte Heimatfront entstanden.

So ein Bild findet sich als Teil einer unbeschriebenen Feldpostkarte in einer weiteren Überlieferung: Die Korrespondenz eines jungen Kriegsteilnehmers aus Bautzen reicht jedoch auch nicht bis zum Kriegsende, allerdings nicht da er das Schreiben eingestellt hatte, sondern weil er es schlichtweg nicht erlebte.

Schließlich steht der „zeitgemäße Neuheiten“ ankündigende Produktprospekt der „Berliner Luxuspapier- und Papp-Spielwaaren-Fabrik A. Sala“ in zweierlei Hinsicht für die (bisweilen begeisterte), jeweils produktive Auseinandersetzung mit dem Weltkrieg. Zunächst ist das Werbematerial Beispiel der Vermarktung des Krieges und seiner medialen Begleitung. Der Prospekt steht darüber hinaus auch für die Herstellung von Wissen über den Krieg. Wie zahlreiche wissenschaftliche und kulturelle Einrichtungen in den deutschen Städten „Kriegssammlungen“ anlegten, so tat das auch Adolf Spamer in München in seiner Funktion als Leiter des volkskundlichen Archivs beim Bayrischen Landesverein für Heimatschutz. Heute ist die Kriegssammlung Teil des Nachlasses Adolf Spamer im ISGV und harrt ihrer neuerlichen Erschließung für wissenschaftliche Fragen an die Zeit des Ersten Weltkriegs.

Die Materialien im LGA des ISGV
http://lga.isgv.de/

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