Fundstück aus dem LGA – im August 2019
Patenbriefe aus dem Nachlass Adolf Spamers
Im Nachlass des Volkskundlers Adolf Spamer (1883–1953) findet sich eine Sammlung sogenannter Patenbriefe aus dem 19. Jahrhundert: elf Stück, die er selbst gesammelt, und 17 Stück, die seine Schülerin Ingeborg Weber-Kellermann (1918–1993) zusammengetragen hat. Es sind aufwendig gestaltete, meist handgeschriebene Wünsche der Paten für ihr Taufkind.
Die Taufe war und ist bis heute ein wichtiges kirchliches Ereignis, bei der ein kirchlicher Auftrag und gesellschaftliche Beziehungen durch die Figur des Paten/der Patin begründet wird.
Überreicht wurden – je nach regionalem Brauch – Patenbriefe mit Glücks- und Segenswünschen, Bibelversen oder mahnenden Worten und dem sog. Patengeld, welches als „Glücksgroschen“ für das Patenkind bis zum Verlassen des elterlichen Haushaltes aufbewahrt wurde. Im 17. Jahrhundert waren Patenbriefe meist handschriftlich verfasst, später gedruckt in vielfältigen Formen und mit diversen bildlichen Gestaltungen. Sehr beliebt waren hochformatige, kolorierte oder mit Gold verzierte Kupferstiche. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich der kleine Faltbrief als Patenbriefform von Sachsen aus durch. Abgebildet waren zumeist die Taufszene Jesu, Szenen aus dem Leben Jesu oder die Tugenden und ein Spruch vom Taufpaten/in. Ende des 19. Jahrhunderts kam eine neue Form des Patenbriefchens hinzu, nämlich das geklebte Briefchen/Couvert mit Einlegekarte. Bevor die Patenbriefe in den 1920er/30er Jahren verschwanden, erlebten sie von der Mitte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ihre Blüte. Geprägte Bildchen, Engelsköpfe, Atlas, Kreppverzierungen, Stickereien, Sprüche in Goldschrift, Gaze, Spitzenpapier und vieles mehr kam zum Einsatz.