Fundstück aus dem ISGV – im Juli 2023

Mehr als Scherben der Vergangenheit – Sammlungen des Fördervereins Sächsisches Keramik-Museum zu Meißen e.V.

von Claudia Dietze

Schiebebilder für keramischen Buntdruck_BB
Schiebebilder für keramischen Buntdruck

Wie ein Dachbodenfund hat es sich angefühlt, als beim kürzlichen Umräumen drei Kartons im ISGV zum Vorschein kamen. Lange nicht beachtet und nun wieder ans Tageslicht geholt, öffnete sich ein Schatz für Porzellan- und Keramikfreunde. Die Materialien wurden in den 1990er Jahren vom Förderverein Sächsisches Keramik-Museum zu Meißen e.V. zusammengetragen, mit der Absicht im Gebäude der ehemaligen Ziegelei Gerlach ein Keramikmuseum zu eröffnen. Dieses Vorhaben ist nicht realisiert worden und so gelangte die Sammlung in den Besitz des Instituts. Details zur Übergabe liegen nicht vor. Da der Platz im Institut begrenzt ist und die Möglichkeiten zur fachgerechten archivarischen Aufbewahrung nur schwer gegeben sind, soll die Sammlung dem Staatsarchiv Leipzig übergeben werden. Dort besteht bereits der Bestand 20913 VEB Porzellanwerk Colditz, der auch Werke in Freiberg, Stadtlengsfeld, Weißwasser, Lettin, Zwickau und Annaburg enthält. Das Material kann also in eine schon vorhandene Sammlung eingepflegt werden.

Auf dem Gebiet der DDR fanden sich viele Regionen mit großer keramischer Tradition. Besonders in Sachsen und Thüringen entstanden Großbetriebe zur Fertigung von Haushalts- und Hotelporzellan, Kaffeeservicen und Seriengeschirr (Kahla, Colditz, Triptis, Ilmenau). Sowie von feinsten handbemalten Porzellankunstartikeln (Meißen, Freiberg, Lichte). In Brandenburg war eher die Steingutproduktion vertreten (Rheinsberg und Elsterwerda).

Doch was befindet sich in den drei Kartons? Ein buntes Sammelsurium verschiedener keramik- und porzellanherstellender Betriebe der DDR im Zeitraum von 1960 bis in die 1980er Jahre. Neben allgemeingültigen Unterlagen, wie Arbeitsordnungen, Rahmenkollektivverträgen für Bauwesen und Glas- und Keramikindustrie, Ausbildungsunterlagen für Keramikmaler und -dekorierer, finden sich firmenspezifische Dokumente wie beispielsweise Bauunterlagen aus den 1960er Jahren des VEB Porzellanwerk Weißwasser. Ebenfalls Unterlagen zu Qualitätsstandards aus den 1980er Jahren. So beispielsweise vom VEB Kombinat Feinkeramik Kahla, was die technischen Bedingungen für Haushalts- und Hotelporzellan in der DDR vorgegeben hat (ausgenommen Zierkeramik und Meißner Porzellan). Das VEB Petrolchemische Kombinat Schwedt hingegen machte Vorgaben für die Verfahren zur Bestimmung der Viskosität von Flüssigkeiten.

Darüber hinaus finden sich Ordner mit Dekorstempeln, Schiebebildern und Vorlagen für Jubiläumsteller und Sonderanfertigungen, Prospekte von Maschinen für die Keramikherstellung, wie Buntdruck-Übertragungsmaschinen, Schleif- und Siebdruckmaschinen und Werbeprospekte verschiedener Porzellanhersteller, auch westdeutscher und tschechischer. Ein besonderer Fund sind zudem einzelne Fotos von Arbeiterinnen aus Weißwasser, die den Arbeitsalltag illustrieren.

Konstruktionsgebäude_VEB Turbinenfabrik_Dresden_Außenfliesen_Baukeramik Meißen
Konstruktionsgebäude VEB Turbinenfabrik Dresden
Außenfliesen Baukeramik Meißen

Des Weiteren beinhaltet die Sammlung Unterlagen des VEB Plattenwerk „Max Dietel“ Meißen. Beispielsweise das Jubiläumsheft „1863-1963 mit ersten Beiträgen zur Geschichte des VEB Plattenwerk „Max Dietel“ vom Zirkel schreibender Arbeiter für das 100-jährige Bestehen der grobkeramischen Industrie. Aber auch Werbehefte für die Verwendung von Baukeramik, z.B. an Fassaden, Verkaufsräumen, Schwimmbädern, Industrieräumen oder zur künstlerischen Gestaltung im öffentlichen Raum, sowie unternehmensgeschichtliche Unterlagen, z.B. zum Umbau wegen Rationalisierung. Darunter ist eine Abbildung vom VEB Turbinenfabrik Dresden auf der Königsbrücker Straße, das bis heute die Außenfliesen von Meißen trägt.

Es ist eine vielfältige Sammlung, die nicht nur bei Keramikbegeisterten Interesse weckt, in den diversen und bunt gedruckten Broschüren und Werbekatalogen zu blättern. Darüber hinaus lässt sich mit ihr die Betriebsgeschichte ehemaliger VEB weiter erforschen.

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