Fundstück aus dem ISGV – im Januar 2020

Krampusse und Perchten

von Robert Badura

 

Die sogenannten Rauhnächte, jene Zeit zwischen den Jahren, sind gerade vergangen und der Jahreswechsel liegt noch nicht lange zurück oder steht sogar noch bevor, so etwa im schweizer Appenzell; je nachdem, nach welchem Kalender – dem Gregorianischen oder dem älteren Julianischen –  man sich richten will. In dieser Zeit, der man nachsagt, dass allerhand seltsame Dinge geschehen und Naturgesetzte ausgehebelt würden, kommen auch seltsame kostümierte und maskierte Wesen vor: die Krampusse und Perchten.

Diese lauten Fabelwesen stammen wiederum aus einem Gebiet, das sich über die Mitte Deutschlands, Tschechien und Polen, in den Ostseeraum, nach Südosten und in die Aplen erstreckt und wo es um den Jahreswechsel nur so wimmelt von unheimlichen Figuren, die meist im Gefolge des Gaben oder Strafen bringenden heiligen Nikolaus oder Christkindes daherkommen, mit den unterschiedlichsten Namen: In Franken kennt man sie als Pelzmärtel, in Bayern und Österreich als Perchten, in Polen und Tschechien als Luzien; die Krampusse oder Kramperln gibt es in den Alpen, und regional eingestreut sind immer wieder Kläuse, Klase und Rupprechte (Rauhe Perchten, siehe rauh, ahd. rûh, rûch = zottelig, haarig) zu finden. Oft sind sie begleitet von sprechenden Tieren und Zauberern. Übrigens gibt es auch weibliche Pendants: die Perchta, die manchmal mit der Habergeiß (Abb.1) identisch und als Hullefrau sogar mit der Frau Holle des Märchens verknüpft ist. 

Wenn sie in der Weihnachtszeit umherziehen und ihre Mitmenschen gerne in Angst und Schrecken versetzen, laut umherheulen und mit Kuhglocken und Schellen Krach machen (Abb.2) und das Böse vertreiben, so tun sie das auch mit viel Spaß und Schabernack. Und meist stecken junge Männer in den kreativen und teils aufwendig gestalteten Kostümen und hinter geschnitzten Masken, mit und ohne Pelzbesatz (Abb.3) oder mit kunstvoll verzierten Kopfbedeckungen (Abb.4); bei in Stroh gehüllten VertreterInnen (Abb.5) soll es Glück bringen, einen Strohhalm zu entreißen. Wenn die Belarvten dann eingelassen werden, war und ist es oft der Brauch, zu singen und sich ihrer Gunst durch Geschenke zu versichern (Abb.6), um im neuen Jahr Glück zu haben. Mit steigendem Alkoholpegel werden die Passen oder Bassen – wie die Gruppen von Perchten manchmal genannt werden – dann aber auch rauer im Umgang miteinander oder mit anderen Gruppen (und noch aus dem 19. Jahrhundert sind aus Bayern Gebote überliefert, die eine übermäßige Ausgelassenheit der Perchtenläufe unter Strafe stellen).

Diese ursprünglich aus der Vermischung christlicher und vorchristlicher Kalendertraditionen entstandenen Figuren der Weihnachtszeit haben sich im Laufe der Zeit ihrer ursprünglichen Bedeutung entkleidet; meist ging dann mit der Reformation auch der eigentliche Anlass des Perchtenlaufens verloren. Das lustige und kostümierte Treiben blieb allerdings und erfreut sich in neuester Zeit wieder einer wachsenden, touristischen und auch medialen Bedeutung, wenn man an Krimis oder Spielfilme denkt. In den Beständen des ISGV finden sich zahlreiche visuelle Zeugnisse von vielfältigen Ausformungen weihnachtlicher Bräuche aber auch von Traditionen des Kostümierens. Aus der Umfangreichen Lehrsammlung Walter Hartingers, die sich im ISGV befindet, stammen die meisten dieser Bilder, die Aspekte der volkstümlichen Kostümierung, auch abseits von Fasching und Fastnacht, zeigen.

 

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